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Theodora Bauer und ihr Roman "Chikago"

11.06.201820:00 Uhr bis 22:30 Uhr

Chikago" - mit "k" - heißt eine Siedlung "ein bisschen außerhalb vom Ort, hinter dem Friedhof" in der burgenländischen Grenzgemeinde Kittsee. Sie ist titelgebend für Theodora Bauers Roman, der um die Themen Migration und Identität kreist.

Ende des 19. Jahrhunderts in rasantem Tempo aus dem pannonischen Boden gestampft und nur einen Steinwurf weit von der Burg in Bratislava entfernt, erinnern die Häuserzeilen heute daran, dass das - mit "c" geschriebene - Chicago Amerikas einmal Sehnsuchtsort für zahllose Burgenländer auf der Suche nach dem Glück war.

Zwei große Auswanderungswellen gab es in der jüngeren Geschichte des Burgenlandes, das bis 1921 zu Ungarn gehörte: eine in den 50er-, und eine in den 20er-Jahren. Theodora Bauer, Jahrgang 1990, ist selbst im Burgenland aufgewachsen. Immer wieder war in ihrer Kindheit die Rede von einem "reichen Onkel" oder der "Tante aus Amerika"; auf Nachfrage erhielt sie später indes nur spärliche Hinweise auf eine Migrationsgeschichte.- Ihre Heimat, so Theodora Bauer, schien ein weißer Fleck auf der Landkarte der Welt zu sein, ein verlorener oder vergessener Ort.

Die junge Autorin wollte sich diese Geschichte des Burgenlands daher einmal näher anschauen. Wer waren jene Glücksritter, die, so die Diktion im Land und auch im Buch, "auf Amerika" gingen? Die ihre alte Welt unter oft abenteuerlichen Umständen hinter sich ließen, um "drüben" ihr Leben neu zu beginnen.

Theodora Bauer konzentrierte sich bei ihren Nachforschungen auf die erste der beiden Massenbewegungen nach Amerika - die Auswanderung in den Zwanzigerjahren: "Es waren hauptsächlich verarmte Bauern, die aufgrund von Erbschaftsregeln, die die Höfe oft bis ins Bodenlose zergliederten, von ihrem Grund nicht mehr leben konnten". Dazu kamen Überbevölkerung, Austeritätspolitik und die beginnende Mobilität. Und noch ein Grund war entscheidend: "die Unsicherheit über die eigene Identität", so Theodora Bauer.

Für die meisten ausgewanderten Burgenländer zerbrach der amerikanische Traum. Das mythenumrankte Chicago erwies sich nicht als Paradies, sondern als gnadenloser Koloss, der die Ärmsten wieder ausspuckte. Ein Arbeitsunfall in Chicago führte damals mangels Absicherung ins Verderben; nicht erfüllbare Erwartungen endeten oft in Trunksucht und Tod; Sprachlosigkeit bedeutete soziale Isolation. Auflehnung gegen Ausbeutung und unmenschliche Lebensbedingungen gab es dennoch.

Theodora Bauer ist sich der Parallelen zur Gegenwart natürlich bewusst. Mit klarem Blick beobachtet sie die globalen Migrationsbewegungen, doch ihre Augen sind auch die einer Dichterin, die auf eine andere Geschichte blickt: auf die ewige Geschichte der Menschheit: "Träume sind nach wie vor ein großer Motor für Bewegungen. Manche werden zwangsläufig zerstört werden, aber trotzdem sollten die Leute nicht aufhören zu träumen."

Theodora Bauer 1990 in Wien geboren, Matura mit Auszeichnung am Gymnasium Kurzwiese in Eisenstadt (2008). Studium an der Universität Wien, Bakkalaureat in Publizistik- und Kommunikationswissenschaft (2013), Bachelor in Philosophie (2015). Publikation des Debütromans “Das Fell der Tante Meri” (2014) im Picus Verlag und des Essays “Così fanno i filosofi” (2016) im Limbus Verlag. Das Theaterstück “papier.waren.pospischil” steht seit 2016 bei Schultz & Schirm unter Vertrag. Der zweite Roman “Chikago” (2017) erschien ebenfalls im Picus Verlag. Teilnahme am 20. Klagenfurter Literaturkurs im Rahmen des Ingeborg-Bachmann-Preises mit dem Manuskript von “Chikago” (2016). “papier.waren.pospischil” gewinnt den 1. Preis beim Festival “Die Freiheit des Lachens”, ausgeschrieben vom Salzburger Landestheater (2017). Förderung von Lesungen aus “Chikago” an österreichischen öffentlichen Bibliotheken im Rahmen des Programmes “Geschichte in Geschichten” des BVÖ (2018).

 

Die Lesung wird musikalisch begleitet von dem Bassisten Michael Distelmann, der auch die erste Lesung von Theodora Bauer im September 2015 begleitet hat. Michael Distelmann gehört zum Vorstand des Vereins zur Förderung des zeitgenössischen Jazz in Darmstadt e.V.. Michael Distelmann tourte jahrelang mit Barockorchestern durch Europa und Amerika, bevor er seine Liebe zur improvisierten Musik entdeckte. Er entschied sich zum Studium bei Meister-Bassist Vitold Rek und ist seither eine verlässliche Größe in zahlreichen Jazz-Ensembles im Rhein-Main-Gebiet. 

Vinothek und Kaffeebar Louis & Louise, Forstmeisterstrasse 3, 64285 Darmstadt

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Roman
Einband: gebundenes Buch
EAN: 9783711720528
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